"Begrifflich zu erfassen und in der Denktätigkeit verwertbar sind nur Noumena; aber mittelst ihrer findet jeweils Hinweisung statt auf die dem Begreifen unerreichbaren, weil aussschließlich zu erlebenden Phainomena."

Ludwig Klages, Die Sprache als Quell der Seelenkunde


Begriff - Was will er mir sagen? - Ist das die Meinung?

Am Beginn jedweder Verständigung unter den Menschen liegt die Offenlegung der Bedeutung der Worte. Unklare Wörter bzw. unterschiedliche Ansichten zu dem Bedeutungsinhalt (Begriff) der Aussage führen zu Mißverständnis, können ablenken und in die Irre führen.

Der "Begriff" wird zum Beispiel in der Alltagssprache nicht eindeutig verwendet. Er wird oft für "Wort" gesetzt statt für die Bedeutung des Wortes. Für die Bedeutung eines Wortes oder einer Aussage stand früher auch das Wort "Meinung". Dieses Substantiv bezeichnete ursprünglich die Bedeutung oder den Sinn einer Aussage oder eines Zeichens. 

Heute wird das Wort in der Erkenntnistheorie im Sinne des Führwahrhaltens verwendet, ist also weder Glaube noch Wissen. Sie erscheint weder subjektiv gesichert noch verfügt sie über eine objektiv zureichende Begründung.

Hinzu kommt dass im alltäglichen Sprachgebrauch oft nicht zwischen "Meinung""Glaube" und "Überzeugung" unterschieden wird.

Hier wird deutlich in welcher flachen Orientierungslosigkeit sich viele Gespräche und Diskussionen durch derartigen Sprachgebrauch bewegen. Das ist aber nicht nur in der Umgangssprache sondern auch in den Fachsprachen und der Wissenschaft der Fall.

 

Sprache und Begriffe werden immer durch die Lebensweise der jeweiligen menschlichen Gesellschaft geprägt. Eine Gesellschaft, die auf Aneignung und der Idee der Beherrschung der Natur beruht, entfernt die Menschen von der Welt in der sie leben. Sie schafft spezielles Tätigsein des Menschen mit den entsprechenden Empfindungen, Anschauungen und Bedürfnissen. Die Irrtümer und falschen Anschauungen, bedingt durch die Trennung vom natürlich biologisch-organismischen Leben, formt wesentlich die Sprache dieser Gesellschaften.

Wenn Menschen in diesen Gesellschaften zu Einsichten in das Wirken und Walten der Natur finden, so reicht die überlieferte und aktuell angewendete Sprache nicht aus, diese Einsichten adäquat auszudrücken.


 

 

"Die Abstraktion ist die Entfremdung in der Denkweise, sofern sie nicht wieder zur Erscheinungswelt zurückkehrt und ihr verhaftet bleibt"

 

Renate Genth, Mimesis und Naturverhältnis

 

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Schüler:    Doch ein Begriff muss bei dem Worte sein.

Mephisto: Schon gut! Nur muss man sich nicht allzu ängstlich quälen;

                 Denn eben wo Begriffe fehlen,

                 Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.

                 Mit Worten lässt sich trefflich streiten,

                 Mit Worten ein System bereiten,

                 An Worte lässt sich trefflich glauben,

                 Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.

 

Johann Wolfgang Goethe, Faust Der Tragödie erster Teil